Ich pflege: Katrin Gruner (35)

 „Für nichts in der Welt würde ich zurück in die Altenpflege wechseln“

Foto: Privat

Name: Katrin Gruner
Alter: 35
Ort: Chemnitz
Beruf: Altenpflegerin
Pflegeumfeld: Intensivpflege
Pflegt seit: 2006

 

Der Kasack auf deinem Bild ist ja cool. Wo bekommt man den denn her?

Den habe ich selbst geschneidert. Punkte, Totenköpfe, Schleifen –  ich bin großer Fan des Rockabella-Looks. Meine Chefin meinte nur trocken: „Ein typischer Katrin-Kasack“. Zum Glück gefällt ihr mein lustiger und bunter Stil.

Wie bist du auf die Idee gekommen, selbst zu schneidern?

Der Gedanke kam mir spontan, als ich meine Kollegen in ihren Kassacks beobachtet habe. Die waren zwar bunt, sahen aber trotzdem klinisch und steril aus. Ich finde, dieser Einheitslook raubt dem Träger seine Individualität. Also habe ich Stoff gekauft und meine alte Nähmaschine hervorgekramt. Für das Schnittmuster habe ich einen meiner alten Kittel zerlegt.

Sind Totenköpfe in der Pflege nicht etwas makaber?

Ach Quatsch. Unsere Bewohner sind im Schnitt 65 Jahre alt. Die hören selber ACDC und Black Sabbath. Ich bin flippig und liebe den Rock ’n‘ Roll. Das sieht man jetzt auch an manchen meiner Kasacks. Andere sind ganz harmlos: Im Nachtdienst trage ich beispielsweise einen blauen Kittel mit Monden und Sternen.

Du arbeitest als examinierte Altenpflegekraft in der Intensivpflege. Wie kommt’s?

Ich habe 2012 meine Ausbildung begonnen. Damals habe ich noch für einen ambulanten Pflegedienst gearbeitet und bin „Waschrunden“ gefahren. Das Lernen blieb auf der Strecke. Deshalb habe ich gewechselt.

In ein Krankenhaus, nehme ich an?

(lacht) Nein, in eine Pflege-WG. Wir versorgen Intensivpflegefälle in einem gemütlichen und familiären Umfeld. Unsere vier Bewohner haben alle Atembeschwerden und müssen rund um die Uhr beatmet und betreut werden. Darauf sind wir spezialisiert.

War das nicht eine große Umstellung?

Mein aktuelles Arbeitsumfeld ähnelt der Krankenpflege. Natürlich stellt mich das vor Herausforderungen. Ich muss Trachealkanülen wechseln und im Notfall Bescheid wissen, wie ich meine Patienten beatme. Aber für nichts in der Welt würde ich zurück in die klassische Altenpflege wechseln.

Was gefällt dir so gut an deinem aktuellen Job?

Ich bin zwölf Stunden mit den Bewohnern zusammen. Dadurch verbindet uns ein familiäres Miteinander. Eine Dame, die nach dem Tod ihres Mannes zu uns gezogen ist, hat letztens zu mir gesagt: „Ich bin froh, bei euch zu sein. Ihr seid meine neue Familie. Zuhause wäre ich jetzt allein.“ Das war wahnsinnig rührend. Diese Nähe ist da und bekommt ihren Raum.

Wie äußert sich das im Alltag?

Wir gehen locker miteinander um. Meine Patienten bieten mir oft an, dass ich sie mit Vornamen anspreche oder duze. Wenn ein Bewohner Geburtstag hat, dann kauft meine Chefin ein individuelles und persönliches Geschenk. Alle Bewohner und Pflegekräfte versammeln sich im Zimmer des Geburtstagskindes und singen ein Ständchen. Danach wird gemeinsam Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Das wäre in vielen Einrichtungen zeitlich gar nicht möglich.

Du kannst also nicht über Zeitmangel klagen?

Bei uns arbeiten eine Fachkraft und zwei bis drei Pflegehelfer in jeder Schicht. Das ist beinahe Eins-zu-eins-Pflege. Ich muss also nicht hetzen und es gibt keinen festen Zeitplan. Wenn der Bewohner angekleidet oder gewaschen werden möchte, bin ich für ihn da. Und das kann dann auch mal anderthalb Stunden in Anspruch nehmen. Die Bewohner genießen so viel Aufmerksamkeit und Nähe.

Und was sagen die Bewohner zu deinem neuen Look?

Die sind schon immer ganz gespannt, welches neue Design ich in der nächsten Schicht trage.