Flüchtlinge als Pfleger anzuwerben ist richtig

Kommentar zum Artikel „Flüchtlinge zu Pflegepersonal ausbilden

Refugees welcome – aber nicht als Arbeitskräfte in der Pflege? (Foto: Fotolia)

Mit diesem Apell hat Helmut Walter Rüeck (CDU), die Branche aus dem Sommerschlaf wachgerüttelt. Bei so einem Aufruf ist erstmal Kopfschütteln angesagt: Wie? Sollen traumatisierte, verfolgte Menschen aus Syrien, Kamerun oder der Türkei nun auch noch missbraucht werden, um unsere Senioren zu waschen – womöglich unter dem Mindestlohn und ohne Ausbildung?

„Asylsuchende in der Pflege einzusetzen, löst keinesfalls den Fachkräfte-Mangel“

„Sinnfreie, schamlose Sommerloch-Idee, Herr Rüeck“, mag man dem Vorsitzenden der Enquetekommission Pflege des Landtags von Baden-Württemberg lauthals in seinen Wahlkreis nach Schwäbisch Hall rufen. „Asylsuchende in der Pflege einzusetzen, löst keinesfalls den Fachkräfte-Mangel“, rufen ihm aufgebrachte Pflegekräfte hinterher.

Die-Pflegebibel-Autor Michael Sudahl

Doch langsam: Rüeck spricht von „Flüchtlingen zu Personal AUSBILDEN“. Er will „bei den Menschen in Asylunterkünften für eine Ausbildung in der Pflege werben.“ Und der Vorschlag ist richtig. Wenn es darum geht, Menschen zu finden, die pflegen, fliegen Träger sogar aus Vietnam Krankenschwestern ein, die per Zusatzausbildung in der Altenpflege arbeiten. Das Ganze wird staatliche gefördert. „Skandal!“-Aufschreie gibt es dazu aber keine.

 

Warum also nicht bei den Leuten für die Pflege werben, die zu uns kommen. Dass ihnen per Praktikum der Beruf schmackhaft gemacht wird, ist legitim. Natürlich kann das nur der erste Schritt sein. Ein Ausbildungsvertrag mit passender Ausbildungsvergütung sind logische Folgen, wenn sich die Praktikanten für die Pflege begeistern können.

Dass dies gelingen kann, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Berlin. Wie die Berliner Woche berichtet sind dort inzwischen 50 ehemalige Flüchtlinge mit Examen als Pflegekräfte im Einsatz. Sie haben alle nach drei Jahren ihre Abschlüsse gemacht. Medienwirksam bestaunt hat das Projekt übrigens Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Ihr Ministerium fördert das Projekt.

„Über die Arbeit in einem Land ankommen“

Um Fachkräfte für wenig gefragte Berufe zu finden, ist das Werben für den Job ein guter Weg. Zumal er in anderen Branchen ebenfalls mit Erfolg beschritten wird: Russen lassen sich Berufs-Lkw-Fahrern ausbilden, Spanier lernen Bäcker und Ghanesen gehen in Hotels in die Lehre, um Restaurantfachmann oder Koch zu werden. In Gelsenkirchen hat ein Schreiner die gleiche Idee: Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz anzubieten.

Ein Blick auf die in Deutschland auf dem Kopf stehend Alterspyramide verdeutlicht wie dringend wir Zuwanderung brauchen. „Über die Arbeit in einem Land ankommen“, ist nicht nur laut Nahles als Integrationsmaßnahme zudem sinnvoll.