Vogelmanns Perspektive: Begrenzte Alltagsbegleiter

Servicehelfer dürfen kein Ersatz für Fachkräfte sein

Um es gleich zu sagen: Die Alltagsbegleiter nach Paragraph 87b waren nach Einführung der Pflegeversicherung die beste Innovation der Bundesregierung im Gesundheitsbereich. Denn diese Betreuungskräfte entlasten die knappen Fachkräfte, so dass die Altenpfleger sich auf die medizinisch-pflegerische Versorgung konzentrieren können.

IQD-Experte Gregor Vogelmann (Foto: IQD)

Sie lesen den Pflegebedürftigen vor, gehen mit ihnen spazieren und verbringen einfach Zeit mit ihnen. Dadurch steigt die Lebensqualität der Senioren. Sie bewahren sich ihre Würde in der letzten Phase ihres Lebens. Das ist eine Errungenschaft.

Und nicht nur in strukturschwachen Regionen wie im Schwarzwald oder dem Münsterland habe ich seither oft genug erlebt, wie tüchtige Menschen gerade durch diese Jobs nach 87b auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß gefasst haben: Näherinnen, deren Textiljobs Discounter vernichtet haben; Verkäuferinnen, deren Arbeitgeber Amazon & Co. zur Strecke brachten; oder Migrantinnen, deren berufliche Qualifikation für hiesige Hightech-Jobs nicht ausreichte.

Für Tausende von ihnen ist der Alltagsbegleiter der Türöffner auf den ersten Arbeitsmarkt und der Einstieg in die wachsende Pflegebranche mit ihren sicheren Jobs. Doch eines sind die Servicehelfer nicht: Billiger Ersatz für Fachkräfte. Deren Quote muss dauerhaft bei 50 Prozent bleiben, um die Qualität und medizinische Versorgung in der Pflege zu garantieren.

Schon jetzt häufen sich Fälle, in denen Nicht-Fachkräfte einem Bewohner nach einem Sturz zwar aufhelfen, aber nicht überprüfen, ob er Blutverdünnungsmittel nimmt und deshalb Einblutungen haben kann. Oder wo appetitlose Insulin-Patienten nicht veranlasst werden, wenigstens eine Scheibe Brot zu essen, um nicht in den Unterzucker zu fallen.

Das heißt nicht, dass die Helfer nicht auch – wie jüngst bei der Grippewelle zu Beginn des Jahres – medizinisch assistieren dürfen, bevor gar niemand mehr pflegt. Aber dies darf nicht zum Kalkül werden. Das wäre fahrlässig oder gar kriminell, weil es tatsächlich um Leben und Tod geht. Die Missbrauchsgefahr immerhin wächst, seit die Kassen zu Jahresbeginn mehr Betreuungskräfte finanzieren und der heimische Markt nicht mehr Pflegefachkräfte hergibt.

Gregor Vogelmann vom IQD kommentiert in seiner 14-tägigen Kolumne “Vogelmanns Perspektive” aktuelle Entwicklungen auf dem Pflegemarkt. Als Experte spricht er Klartext, kritisiert und erklärt.

Kommentare, Fragen und Anregungen zur Kolumne an info@die-pflegebibel.de.