Verein wir pflegen macht politische Lobbyarbeit für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige werden oft als die Dienstboten der Nation bezeichnet. Immer noch werden Ehepartner, Kinder und andere Familienangehörige, die mit ihren pflegebedürftigen Angehörigen oft Schwerstarbeit verrichten, viel zu wenig ernst genommen. Wir pflegen – Interessenvertretung begleitender Angehöriger und Freunde in Deutschland e. V will das seit 2008 ändern.
Pflegenden Angehörigen fehlt es an Selbstbewusstsein
„Es fehlt pflegenden Angehörigen oft an Selbstbewusstsein. Das wundert mich nicht, denn sie werden von unserer Gesellschaft immer noch zu wenig ganz konkret und im Alltag wertgeschätzt“, sagt Barbara Riethmüller, Vorstandsmitglied bei wir pflegen. Praktisch unbezahlt und weitgehend ignoriert sehen sich diese „wichtigsten Leistungsträger in der Pflege“ ständiger Kritik ausgesetzt. Kaum einer fragt, wie es dem „größten Pflegedienst der Nation“ eigentlich gehe, so Riethmüller. Neben gesellschaftlicher Wertschätzung fehlt es Vielen auch an finanzieller Anerkennung. Denn mehrere tausend sind von Pflegearmut betroffen.
Politische Lobbyarbeit für pflegende Angehörige
Zunehmend kann die Interessensvertretung die Bedürfnisse pflegender und begleitender Angehöriger auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen vertreten und ist auch Ansprechpartner für Entscheidungsträger in der Politik und für die Medien. „Weil wir nahe am Alltag pflegender Angehöriger sind, leisten wir oft auch anschauliche Aufklärungsarbeit bei Parteien und in Arbeitskreisen“, erläutert die 68-Jährige Erziehungswissenschaftlerin.
Breites Netzwerk verschafft Gehör
Durch Kooperationen beispielsweise im Bündnis für gute Pflege, dem Zentrum für Qualität in der Pflege und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen bekommt wir pflegen zunehmend Kontakte zu den relevanten Akteuren, Gruppen und Einrichtungen und verschafft so pflegenden Angehörigen Gehör. Durch Öffentlichkeitsarbeit – auch in den sozialen Netzwerken – und Positionspapiere will der Verein Angehörigen den Rücken stärken, Wege zu den richtigen Ansprechpartnern zeigen „und sie insgesamt aus ihrer Rolle als Bittsteller herausholen“, sagt Riethmüller. Dazu muss die soziale und rechtliche Rolle der Betroffenen gestärkt werden, findet die langjährige Angehörigen-, Senioren- und Demenzfachberaterin, die selbst ihre pflegebedürftige Mutter betreute.
Was die Angehörigen angeht, ist Deutschland Entwicklungsland
In Schottland beispielsweise haben pflegende Angehörige mit VOCAL schon seit Jahrzehnten eine starke Lobby. In Skandinavien wurden in den Kommunen im Zuge der demographischen Entwicklung schon längst passgenauere Hilfesysteme entwickelt. „Was das Thema angeht, ist Deutschland Entwicklungsland“, sagt Riethmüller, was man bei europäischen Zusammenschlüssen wie Eurocarers genauso sieht.
Neben der Initiative Jump, die junge Menschen mit Pflegeverantwortung aus dem Verborgenen holt, hat wir pflegen auch die Initiative gegen Armut durch Pflege gestartet und engagiert sich für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Mitglieder erhalten einen Informationsbrief „wir gemeinsam“, in dem diese Experten in eigener Sache Erfahrungen und Tipps austauschen.