„Haifischbar“ schafft Erinnerung und gibt Halt

Hamburger Demenz-Bar sorgt für eine vertraute Umgebung

Demenz-Bar in Hamburg sorgt für eine bekannte Umgebung für demenziell Veränderte (Foto: Privat)

Dementiell Veränderte sind oft unruhig und haben einen ausgeprägten Bewegungsdrang, ohne jemals an einem Ziel anzukommen. Die Pflegeeinrichtung Alsterberg hat auf ihrer geschlossenen Station hierfür eine Demenz-Bar eingerichtet: Einen Ort zum Ankommen und Verweilen für Stabilität im Heimalltag.

Atmosphäre gleicht dem Original

Aus der Jukebox tönen alte Schlager. HSV-Fahnen schmücken den maritim eingerichteten Raum. Zwei ältere Männer trinken Bier und singen lauthals zu ehemaligen Hits. Vier Seniorinnen spielen Schiffe-Versenken.

Der Nachbau der legendären Haifischbar auf St. Pauli soll mit seiner liebevollen Raumausstattung und authentischen Accessoires Erinnerungen wecken – ein vertrautes Umfeld zum Wohlfühlen schaffen. In einer Kneipe bleibt man, trifft Freunde und Nachbarn. Die Senioren finden in der Bar Gelegenheit  zum Reden, Tanzen und Würfeln. Oder eben auch nur um in Gesellschaft zu sein und der Musik zu lauschen. Empfundene oder tatsächliche Defizite verlieren an Bedeutung. Auch das Personal und Angehörige sollen sich dort wohlfühlen.

Demenz-Bar gibt ein Ziel

Die Bewohner dieser Station dürfen durch einen richterlichen Unterbringungsbeschluss den Wohnbereich nicht ohne Begleitung verlassen, um eine Selbstgefährdung zu vermeiden. Kennzeichnend ist hier eine Betreuung, in der tagesstrukturierende Aktivitäten in der Gemeinschaft den Schwerpunkt bilden, um Unruhe und Ängste zu vermeiden. „Typisch für dementiell erkrankte Bewohner sind Unruhezustände. Durch die Haifischbar endet das Rumirren in den Gängen: Bewohner haben jetzt ein Ziel“, so Heimleiterin Sandra Rachowitz.

Details die Erinnerungen wecken

Dem Wecken verlorener Lebenserinnerung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. „Schon kleine Details können die Kraft haben, Erinnerungen zurückzuholen“, bestätigt die 53-jährige Heimleiterin. So auch zum Beispiel ein Glas Eierlikör, das früher mit Freunden getrunken wurde und heute immer noch schmeckt.

Das Team aus Pflegekräften, Therapeuten und Alltagsbegleitern, die das Projekt im Rahmen des Konzepts „Aktiv am Alsterberg“ in die Wege geleitet haben und begleiten, schafft Anreize für Erkrankte, noch vorhandene Ressourcen zu nutzen und sich trotz ihrer Krankheit in ihr Umfeld einzubringen. Jedoch in einem beschützten, gewohnten Bereich.

Kreativität führt zum Erfolg

Die Bar zeigt, dass Kreativität und Einfühlungsvermögen zu wirksamen Wegen führen können, demente Menschen zu erreichen und in einem positiven Umfeld ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln – und wenn auch nur für die Dauer eines Kneipenbesuchs.

In einer Bar ist nicht viel zu erwarten, was in gängige Normen gesellschaftlicher Leistung passt. Ebenso in Pflegeheimen. Vielleicht harmonieren sie gerade aus diesem Grund so gut zusammen. Die 24 Stationsbewohner, zwischen 61 und 95 Jahren, sowie Angehörige und Pflegekräfte, jedenfalls sind begeistert von der Idee sowie der Umsetzung.

 

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Nele Ruppmann Jahrgang 1998, studiert germanistische Linguistik an der Uni Stuttgart. Nebenher ist sie als freie Mitarbeiterin für die Pflegebibel aktiv. Ihr Lebensmotto: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“