Flüchtlinge im Pflegeberuf

Einst Hilfesuchende helfen Kranken und Alten

Deutsch zu können gilt als Voraussetzung für jede Ausbildung, auch in der Pflege. (Foto: Fotolia)

„Sie sind in unser Land gekommen, um Hilfe und Asyl zu beantragen, nun haben sie die Möglichkeit, diese Hilfe weiter zu geben – für sich selbst und anderen Gutes zu tun“. Mit diesen Worten begrüßen bundesweit aktuell viele Pflegeheimleiter ihre neuen Praktikanten, Azubis und Mitarbeiter, die seit Herbst 2015 als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Aufenthaltserlaubnis durch Arbeit

Rückblick: Bisher war es Asylbewerbern und -suchenden möglich, nach einer mindestens zweijährigen Ausbildung, noch zwei Jahre in Deutschland zu arbeiten. In dieser Zeit wurde nicht abgeschoben. Doch nun hat Baden-Württembergs Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) angekündigt, mehr Flüchtlinge sollten für Pflegeberufe gewonnen werden.

Dafür werden Regularien erleichtert: Flüchtlinge können eine einjährige Helferausbildung in Kranken- oder Altenpflege absolvieren und dürfen, wenn sie in der Branche weiter arbeiten, im Südwesten bleiben. Mehr noch: Nach Abschluss der Helferausbildung können sie sechs Monate nach einem geeigneten Arbeitsplatz suchen. Ob Vorkenntnisse zwecks Ausbildungsverkürzung angerechnet werden, entscheidet das Regierungspräsidium auf Antrag.

Unterschied des Statuses

Eine Ausbildung beginnen zu dürfen, hängt vom Aufenthaltsstatus ab. Anerkannte Flüchtling können dies uneingeschränkt. Asylsuchende und -bewerber dagegen dürfen erst nach drei Monaten Wartefrist und mit Genehmigung der Ausländerbehörde beginnen. Zudem muss ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen. Die Frist berechnet sich bei legaler Einreise ab der behördlichen Gestattung des Aufenthalts oder bei Illegalen mit Betreten deutschen Bodens. Geduldete dürfen mit Zustimmung der Ausländerbehörde ohne Wartefrist eine Ausbildung beginnen. In diesen Fällen erlischt die Duldung, sobald die Ausbildung abgebrochen wird. „Ausbildungs- und Arbeitsverbot herrschen grundsätzlich für Straffällige und Personen aus sicheren Herkunftsstaaten, wie Serbien oder Ghana“, heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit.

Die Ausbildungsverhältnisse kommen meist durch den direkten Kontakt von Betrieben, Ehrenamtlichen, Geflüchteten und Arbeitsverwaltung zustande. Oft beginnt die Ausbildung mit einer Einstiegsqualifizierung in Form eines Langzeitpraktikums. Wichtig für die Ausbildung sind vor allem die Deutschkenntnisse. Das Sprachniveau für eine Ausbildung ist der B2-Level. Deutschkurse werden für Geflüchtete jeden Statuses angeboten. „Im Normalfall sind die Kurse keine Plicht“, heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit: „Jedoch ist es sinnvoll diese zu besuchen, auch wenn der Aufenthalt noch ungewiss ist.“ Für anerkannte Flüchtlinge, die Leistungen vom Jobcenter erhalten, kann die Teilnahme verpflichtend sein. Werden diese nicht besucht, können Leistungen gekürzt werden.

Laut Bundesagentur für Arbeit ist das Gros der Flüchtlinge bereits als asylberechtigt anerkannt, allerdings haben 90 Prozent keinen oder keinen vergleichbaren Berufsabschluss. Weil aber viele Personen unter 20 Jahre alt sind, eignen sie sich für eine Ausbildung – auch in der Pflege. Paten und betriebliche Mentoren begünstigen die kulturelle und soziale Akklimatisation, helfen bei Behördengängen oder der Wohnungssuche.

Info:
– Anerkannte haben eine Aufenthaltserlaubnis, da ihr Asylantrag positiv entschieden wurde
– Asylsuchende sind bei den Behörden registriert, haben aber noch keinen Asylantrag gestellt
– Asylbewerber sind aufenthaltsberechtigt, über ihren Antrag wurde aber noch nicht entschieden
– Geduldete bleiben über eine Härteregel im Land, nachdem ihr Asylantrag abgelehnt wurde


Unser Pflegebibel-Kolumnist Michael Sudahl äußert sich in seinem Kommentar kritisch zu dem Thema. Hier zum Kommentar:  https://die-pflegebibel.de/falsches-signal-fluechtlinge-in-die-pflege/

 


Nele Ruppmann Jahrgang 1998, studiert germanistische Linguistik an der Uni Stuttgart. Nebenher ist sie als freie Mitarbeiterin für die Pflegebibel aktiv. Ihr Lebensmotto: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“