Die Rollator-Gefahr

Gehhilfen werden immer häufiger verschrieben

Rollatoren können die Mobilität älterer Menschen unterstützen – bei falscher Benutzung aber auch Schaden anrichten. (Foto: Fotolia) 

Pro Jahr werden rund 76.000 Rollatoren verschrieben – Tendenz steigend. Dabei können die rollenden Helfer oft mehr Schaden anrichten als sie zu beheben scheinen.

Notwendigkeit abklären

Rollatoren sind für ältere Menschen gedacht, die Probleme mit dem Gehen oder Angst vor Stürzen haben. Nicht selten sind sie auch nach Operationen Übergangslösung, um Gelenke zu schonen. Selbst wenn keine Notwendigkeit mehr vorhanden ist, ist das Entwöhnen dann oft schwierig: der Gleichgewichtssinn hat sich verändert und Betroffene scheinen das normale Gehen „verlernt“ zu haben. Auf den ersten Blick scheinen sie eine gute Sache zu sein, die Gehkranke unterstützt und ihnen mehr Bewegungsfreiheit verschafft. Doch die rollenden Helfer können auch schaden.

Training für mehr Koordination

Rollatoren sind Alltagshelfer für Selbstständigkeit und Mobilität. Sei es das Körbchen für die Einkäufe oder das Sitzbrett zur kurzen Pause“, so Prof. Dr. Bernhard Greitemann, Leiter der Vereinigung für Technische Orthopädie. Der Familienvater schätzt prinzipiell Rollatoren. Die Frage, ob ein Rollator schon nötig ist, müsse sich jedoch jeder Arzt vor dem Verschreiben stellen. „Im Alter verliert jeder an Körper- und Sehkraft. Auch die Koordination, wie schnelle Reaktionen auf Stolperfallen, lässt nach“, sagt der 59-Jährige. Konsequentes körperliches Training verzögert diese Entwicklung. Koordinationsübungen seien hierbei wichtiger als Kraftübungen. „Bevor ein Rollator verschrieben wird, sollte der behandelnde Arzt Krankengymnastik oder Sporttherapie in Betracht ziehen“, so Greitemann. Gleichgewichtstraining nehme die Angst vor Stürzen, da der Behandelte sich selbst körperlich sicherer fühlt.

Sanitätshaus statt Konzern

Das falsche Nutzen von Rollatoren kann jedoch tiefliegende Schäden anrichten. „Rollatoren müssen richtig eingestellt sein, um die Sicherheit zu gewährleisten und schädliche Folgen zu vermeiden“, so der Vater zweier Kinder. Dabei sei ein gutes Sanitätshaus entscheidend. Für Reha Techniker ist es gesetzliche Pflicht, Gehkranken Einführungen in die Benutzung der rollenden Helfer zu geben. „Trotz gesetzlicher Verpflichtung ist die Einführung teilweise mangelhaft. Dies ist verbesserungswürdig“, so der Experte. Außerdem rät er davon ab, Rollatoren ohne Beratung etwa online zu kaufen.

Rollator richtig einstellen

Wenn ein Rollator falsch eingestellt ist, vor allem wenn er zu tief liegt, kann das schwerwiegende Konsequenzen haben“, so der 59-Jährige. Durch die falsche Einstellung verschiebt sich die Blickrichtung nach unten. Schwerpunkte sind hierdurch falsch gelegt. Dies gefährde einerseits die gehkranke Person im Straßenverkehr. Andererseits kommt es zur ungleichmäßigen Belastung der Brustwirbelsäule. „Bei Senioren mit Osteoporose kann die falsche Belastung im Extremfall zu Wirbelbrüchen führen“, so der Leiter der Vereinigung für Technische Orthopädie. Des Weiteren belaste die zu tiefe Einstellung eines Rollators die Schultern und Handgelenke.


Nele Ruppmann Jahrgang 1998, studiert germanistische Linguistik an der Uni Stuttgart. Nebenher ist sie als freie Mitarbeiterin für die Pflegebibel aktiv. Ihr Lebensmotto: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“