Beziehungen am Arbeitsplatz

Wenn das Herz über die Vernunft siegt

Die Liebe am Arbeitsplatz zu finden ist keine Seltenheit.
Viele Paare lernen sich bei der Arbeit kennen und lieben. Der Berufsalltag schweißt zusammen. (Foto: Fotolia)

Den Lebenspartner bei der Arbeit kennenzulernen, ist keine Seltenheit. Jeder dritte Deutsche gibt zu, schon einmal Gefühle für einen Kollegen gehabt zu haben. Hier lesen Sie, ob und wie die rationale, an Leistung orientierte Arbeitswelt und das Universum der Emotionen zusammenpassen.

Beziehungen werden oft zunächst verheimlicht

Egal, ob gleichrangige Kollegen oder nicht – oft haben frische Paare Angst, ihre Liebe am Arbeitsplatz publik zu machen. Sie fürchten dabei Konsequenzen, wie eine Kündigung, Versetzung, oder schiefen Blicke.

Dabei sind sie mit dieser Angst nicht alleine: Laut einer Studie der Online-Partnerbörse Elitepartner von 2010 bekennen sich 39 Prozent der Männer und knapp ein Drittel der Frauen dazu, am Arbeitsplatz schon einmal mehr als nur kollegiale Zuneigung empfunden zu haben. Der Grund liegt auf der Hand: Wir verbringen meist den Großteil unserer Zeit in unserem Job. Des Weiteren haben wir mit unseren Kollegen in der Regel gemeinsame Gesprächsthemen und viele Anknüpfungspunkte.

Dies bestätigt eine Studie, die das Netzwerkportal Xing 2013 bei Forsa in Auftrag gegeben hatte. Demnach haben 14 Prozent aller befragten Berufstätigen am Arbeitsplatz schon einmal einen Partner kennengelernt.

Akzeptanz und Unterstützung

Rosemarie Amos-Ziegler ist das gerade recht. Die Inhaberin der Wohngemeinschaft für Senioren (WGfS) in Filderstadt, eine gelernte Krankenschwester, arbeitet seit Jahren mit ihrem Ehemann Klaus Ziegler zusammen. Dem Unternehmer-Paar sind Beziehungen unter ihren Mitarbeitern willkommen, auch homosexuelle. Das belegen sie mit aktuell zehn liierten oder verheirateten Paaren in ihren drei Pflegehäusern mit gut 200 Beschäftigten. Mitarbeiterinnen, die aus dem Ausland angeworben wurden, brachten teils ihre Partner mit, die nun als Hausmeister oder in der Betreuung arbeiten.

Wenn diese Beziehungen am Arbeitsplatz offen gelebt werden dürfen, entspannt dies das Arbeitsklima, hat die Chefin beobachtet, zumal Paare oft besser kooperieren und achtsamer füreinander mitdenken. „Wir berücksichtigen deren Interessen auch im Dienstplan, das ist für niemanden ein Problem“, so Amos-Ziegler.

Konsequenzen sind Ausnahmefälle

Die meisten Beziehungen am Arbeitsplatz haben keine rechtlichen Konsequenzen. Denn Vorgesetzte können diese nicht verbieten, da dies diskriminierend wäre. Dies bestätigt Rechtsanwalt Alexander Deicke und fügt hinzu, dass „nur bei Betreuungsverhältnissen oder, wenn einer der Liierten minderjährig ist, Probleme entstehen können“. So musste Amos-Ziegler in ihrem Unternehmen noch keine schwerwiegenden Konsequenzen aus Beziehungen ziehen. Paare sollten jedoch bedenken, dass ihre Partnerschaft zwar öffentlich ist, aber bei der Arbeit diskret im Hintergrund bleibt. In Einzelfällen kann das Verhalten in einer Liaison aber auch abgemahnt werden, wenn etwa privater Streit ausgetragen wird oder eine Trennung das Arbeitsklima so verschlechtert, dass das Arbeitsverhalten darunter leidet. „Wenn es passt, niemanden stört und die Arbeit gemacht wird, soll doch jeder nach seiner Fasson leben“, betont die 56-jährige Chefin.


Nele Ruppmann Jahrgang 1998, studiert germanistische Linguistik an der Uni Stuttgart. Nebenher ist sie als freie Mitarbeiterin für die Pflegebibel aktiv. Ihr Lebensmotto: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“